Wer sind die Neuen Auftraggeber?

Die Neuen Auftraggeber, das sind Sie. Menschen, die sich selbst eine Stimme und ihren Wünschen eine Form geben wollen. Lange konnten nur wenige Privilegierte ein Kunstwerk in Auftrag geben. Heute wollen wir, dass das jeder kann. Bürgerinnen und Bürger arbeiten mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen, um etwas Neues zu vollbringen: Kunstwerke, die sie brauchen und die etwas verändern. Wer der Gesellschaft zeigen möchte, wo es klemmt, was übersehen wurde oder dringend bearbeitet werden muss, kann zum Auftraggeber einer Kunst werden, die nicht nur in Museen zu Hause ist, sondern im eigenen Lebensumfeld. Die Gesellschaft der Neuen Auftraggeber schafft den Rahmen dafür und unterstützt Bürgerinnen, Künstler und Kooperationspartner bei der Beauftragung, Finanzierung und Ausführung anspruchsvoller Projekte.
 

Und wenn mich Kunst gar nicht interessiert?

Anfangs geht es gar nicht um Kunst. Es geht um Sie, um Ihren Ort und um etwas, das sich verändern soll oder dem Sie öffentliche Sichtbarkeit verleihen möchten. Dafür muss man Kunst weder kennen noch mögen. Aber Kunst kann ein Weg sein, gemeinsam etwas in Angriff zu nehmen, ungewöhnliche Verbündete zu finden und auf neue Ideen zu kommen. Künstler machen dann Ihr Anliegen greifbar und konkret. Ein Kunstwerk erreicht die verschiedensten Menschen. Ist es einmal da, zeigt es etwas, das für viele von Bedeutung sein kann und bringt eine größere Gemeinschaft zusammen. Kunst kann in festgefahrenen Situationen neue Perspektiven öffnen, eine neue Sprache finden, wo einem die Worte fehlen. Sie kann Dinge erfinden, die vorher unmöglich schienen, und das auch an Orten, an denen Kunst normalerweise gar nicht vorkommt. Die Erfahrung zeigt: Wenn Bürgerinnen in einem Kunstprojekt zusammenkommen, gerät etwas in Bewegung. 
 

Wer kann Auftraggeber werden?

Jeder kann das. In Europa haben schon tausende Menschen über 500 Projekte realisiert. Menschen jeglicher Berufsgruppen und sozialer Hintergründe waren schon Auftraggeber. Von der Großstadt bis zum Dorfplatz ist jeder Ort möglich und jedes Thema kann es wert sein, in Angriff genommen zu werden. Grundsätzlich werden wir aktiv, wenn Menschen mit einem Anliegen auf uns zukommen, das für sie selbst, aber auch für andere Dringlichkeit besitzt. Manchmal betrifft das 20 Menschen, manchmal eine ganze Region. Die Bedeutung des Auftrags für die Gemeinschaft ist entscheidend. Sie können also Auftraggeberin werden. Ihr Nachbar kann es. Ihr Sportverein kann es. Der Bürgermeister kann es auch. Meist stößt eine kleinere Gruppe den Auftrag an und wir bringen dann unsere Erfahrung ein, damit die Umsetzung gelingt. Oft kommen weitere Mitstreiter hinzu.
 

Wer entscheidet, was ein guter Auftrag ist?

Um einen guten Auftrag zu entwickeln, sind keine Anträge nötig und keine Jury entscheidet, was gemacht werden soll. Unsere wichtigsten Personen am Ort sind unsere Mediatorinnen, und natürlich die Auftraggeber. Unsere Mediatoren kennen sich in ihrer Region aus. Sie sprechen mit den wichtigsten Akteuren von der Verwaltung bis zum Nachbarschaftsprojekt. Sie hören zu, haken nach, recherchieren und entwickeln so Prioritäten. Denn am Ende müssen sie entscheiden, welche Initiative als nächstes umgesetzt werden soll. Der Wunsch, eine Schule zu verändern? Das Denkmal für ein historisches Ereignis, das sonst vergessen wird? Die Umgestaltung eines Dorfs? Ein Konflikt, über den niemand öffentlich sprechen will? Alles das hat es gegeben. Die Mediatoren wählen aus, wo wir weitermachen. Denn leider können wir nicht überall zugleich sein. Wir nehmen Sie und alle Partner im Projekt ernst, deshalb braucht unsere gemeinsame Arbeit Zeit, um nachhaltig zu wirken.

Wer soll das bezahlen?


Als Auftraggeberin müssen Sie kein Geld mitbringen. Aber Sie sollten begründen können, warum Ihnen eine Investition in Ihr Projekt gerechtfertigt scheint. Fast alle Projekte der Neuen Auftraggeber sind aus Mischfinanzierungen entstanden. Die Arbeit der Mediatorinnen wird von Städten, Kommunen oder Institutionen finanziert. Alle Schritte bis zum abgeschlossenen künstlerischen Entwurf können so bezahlt werden. Auf dem Weg zu diesem Entwurf suchen wir nach den Mitteln für die Ausführung des Werks. Die Mediatorinnen recherchieren Kooperationspartner, holen Fördergeber ins Boot und sprechen mit Wirtschaft und Politik. Gerade an kleinen und strukturschwachen Orten brauchen Projekte das Zusammenwirken lokaler und überregionaler Unterstützer. Darum kümmern wir uns. Die fertigen Werke sollen dem Gemeinwesen gehören, nicht einzelnen Personen. Manchmal gehören sie einer Kommune, manchmal einem gemeinnützigen Verein, oder ein Museum kümmert sich um sie.   
 

Wie läuft so ein Projekt ab?


Jedes Projekt ist einzigartig. Trotzdem verlaufen bei uns alle Projekte nach dem gleichen Muster. Bürgerinnen haben ein Anliegen und treten mit einer Mediatorin in Kontakt. Gemeinsam formulieren sie den Auftrag, der sich manchmal erst im Lauf der Gespräche konkretisiert. Dann sucht der Mediator eine Künstlerin, deren Arbeitsweise zum Auftrag passt, und stellt sie den Auftraggeberinnen vor. Stimmen sie zu, entwickelt der Künstler eine Ideenskizze für ein Werk. Oft entstehen dabei ungewöhnliche Ansätze und Vorschläge, an die zuvor niemand gedacht hätte. Realisiert wird ein Entwurf dann, wenn sich Auftraggeber und Künstler einig sind, dass es weitergehen soll. Anschließend begleitet der Mediator die Umsetzung der Idee. Oft haben die Projekte ein langes Nachleben am Ort, weil die Auftraggeberinitiative weiter zusammenarbeitet oder aus dem Projekt neue Ideen entstehen.
 

Wo sind die Neuen Auftraggeber?


Es gibt die Neuen Auftraggeber seit mehr als 30 Jahren in Frankreich, seit längerem in Belgien und Italien, neuerdings auch in Spanien, der Schweiz und in weiteren Ländern. Die Neuen Auftraggeber sind überall da, wo Mediatorinnen in einer Region aktiv sind. In Deutschland gibt es uns seit 2007. Hier wurden in den Flächenländern Mecklenburg-Vorpommern / Brandenburg, in der Industrieregion Rheinland / Ruhrgebiet sowie in Berlin 17 Projekte auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit Institutionen, Ländern und Kommunen schaffen wir derzeit weitere Strukturen. Unser Ziel ist, dass es allen Bürgerinnen und Bürgern möglich ist, Kunst in Auftrag zu geben.
 

Woher kommen die Künstlerinnen?

Meistens ist es für die Auftraggeber am fruchtbarsten, mit Künstlerinnen von außerhalb zu arbeiten. Sie müssen nicht immer aus weit entfernten Gegenden kommen, aber für die Projekte ist es hilfreich, wenn durch die Künstler eine frische und unabhängige Perspektive hinein kommt. Und es ist gut, wenn sie über viel Erfahrung verfügen. Nicht nur die Qualität ihrer Arbeit, auch der Erfahrungshorizont aus vorangegangenen Projekten sind wichtige Kriterien, damit die Künstlerauswahl zu einem Auftrag auch wirklich passt. Die Mediatorinnen beachten das, wenn sie eine Künstlerpersönlichkeit vorschlagen. Künstler, die noch nicht mit der Situation vor Ort vertraut und mit den Auftraggeberinnen verbunden sind, stellen deshalb in aller Regel die beste Besetzung im Rahmen unseres Modells dar. Von den neuen Einflüssen und der Aufmerksamkeit, die durch einen Künstler in das Projekt kommt, profitieren am Ende alle am Ort und in der Region.