Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Auftraggeber*innen: 

Phase I: Nana Abel, Jürgen Bigalke, Rosemarie Bigalke, Petra Bunke, Sascha Dorp, Ursula Dorp (†), Stefanie Kaul, Martin Müller-Butz, Tina Netzband, Gudrun Peschel, Bernd Rohleder, Heinz Schünemann

Phase II: Constanze Gatz, Dörte Kummer-Lüßken, Anja Ludolph, Tina Netzband, Katrin Peter, Sieglinde Priem, Franziska Reek-Siewert, Birgit Prasdorf, Bernd Rohleder, Heidrun Wurm


Auftrag: Wir wollen mit unserem Auftrag einen dauerhaften Ort der Begegnung für Menschen unterschiedlicher Generationen und Hintergründe schaffen – im Dorf und darüber hinaus. Er soll die Besonderheiten Wietstocks sichtbar machen: die Nutzung und Bewahrung des Naturraums um Wietstock und den Freiraum für vielfältige Lebensentwürfe. Die hier lebenden Menschen sollen am Entstehungsprozess teilhaben. Auch nach der Realisierung soll das Kunstwerk Möglichkeiten zur aktiven Mitgestaltung des Dorflebens bieten.


Mediatorin: Susanne Burmester


Künstlerin: Antje Majewski


Zeitraum: 2019 fortlaufend


Partner: Kulturstiftung des Bundes, Fondation de France, Creative Europe, Concomitentes (Spanien) Association for Interdisciplinary & Intercultural Research (Kroatien), Kunstverein Rügen e. V., RIA Foundation (Spanien)

Wietstock ist ein typisches Dorf des frühen 21. Jahrhunderts in Mecklenburg-Vorpommern. Gut hundertfünfzig Menschen leben hier. Ehemalige LPG-Angestellte, Berliner Wochenend-Pendler*innen, Aussteiger*innen, junge Familien, die die Natur lieben, bilden eine Mischung verschiedener Lebensentwürfe, Herkünfte, Generationen und Interessen.

Hier hat ein Neue-Auftraggeber-Prozess einen besonderen Verlauf genommen: Aus einem ersten Auftrag hat sich eine neue Gruppe von Auftraggeber*innen gebildet. Sie wollen die Ideen des ersten Auftrags weiterentwickeln – und einen Konflikt überwinden.

Am Anfang der Ereignisse in Wietstock steht die Frage nach der eigenen Gemeinschaft: Trotz der Sanierung des Dorfhauses und einem Kulturangebot, das auch in den Nachbardörfern gut ankommt, gelingt es nicht, die Menschen im Dorf zusammenzubringen. Und so entsteht bei einer Gruppe von zunächst zwölf Personen die Idee, ein Kunstwerk zu beauftragen, das an einem zentralen Ort in Wietstock Möglichkeiten für Austausch und Begegnung schafft. Die Auftraggeber*innen wünschen sich nichts Fertiges, keine Lösung eines Problems, sondern etwas Offenes und Unabgeschlossenes, einen Rahmen, der sich mit künftigem Tun füllen lässt.

Mitglieder des Gemeinderats und Ortsvorsteherin als Neue Auftraggeber von Wietstock sitzen bei der Präsentation des Auftrags in einem Stuhlkreis auf einer Wiese

Mitglieder des Gemeinderats und Ortsvorsteherin bei der Präsentation des Auftrags

Foto: Victoria Tomaschko
Personen der Neuen Auftraggeber von Wietstock treffen sich in einem Garten

Treffen der Auftraggebergruppe in Wietstock

Foto: Victoria Tomaschko
Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Workshop Mit Pflanzen leben mit Lisa Marie Steude, 26.7.2025, Garten Prasdorf, Wietstock
Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Workshop Mit Pflanzen leben mit Lisa Marie Steude, 26.7.2025, Garten Prasdorf, Wietstock

Mit der Mediatorin Susanne Burmester beginnt ein Prozess der Selbstvergewisserung: Wer sind wir, wer die anderen? Was läuft gut im Dorf, was nicht? Konflikte werden sichtbar. Viele Stimmen werden gehört, einige sind lauter als andere, nicht in allem ist man einer Meinung. Natürlich nicht. Doch es gibt einen wiederkehrenden gemeinsamen Nenner – die Natur. Ob wegen landwirtschaftlicher Arbeit, ökologischem Bewusstsein, oder aus reiner Liebe zum Grünen oder zum eigenen Garten, in ihrer Beziehung zur Natur finden sich alle wieder.

„Die Nutzung und die Bewahrung des das Dorf umgebenden Naturraums als Lebensraum für alte und neue Dorfbewohner*innen und die Nutzung des Freiraums im Dorf als „Spielplatz“ oder „Spielwiese“ für individuelle Lebens- und Arbeitsentwürfe sollen für das Kunstwerk besonders berücksichtigt werden.“

Sie vergeben den Auftrag an die Berliner Künstlerin Antje Majewski. Sie kommt aus der Malerei, denkt in Bildern, hat in ihrer Arbeit vielfach auch Gemeinschaftsprozesse gestaltet und die Natur integriert. Majewskis Entwurf umfasst eine Gestaltung des Areals rings um das Dorfhaus in drei Teilprojekten:

1. Ein Pavillon mit Arkadengang mit Photovoltaikpaneelen, der für Mußemomente, als multifunktionaler Veranstaltungsort, aber auch als Symbol für technischen Transformationen in Zeiten des Klimawandels dient.

2. Das Mosaik Tiere und Pflanzen in Wietstock, das im Oktober 2022 eingeweiht wurde und in den Pavillon integriert werden soll. Antje Majewski hat darin Wünsche und Wunschbilder sowie Tiere und Pflanzen von individueller Bedeutung für die Auftraggeber*innen in einem tagtraumhaften Landschaftsbild zusammengeführt. Das Mosaik stellt eine Verbindung zur jahrhundertealten Tradition der Mosaikkunst her, die auch in der DDR populär war, das Dorf aber darüber hinaus symbolisch ebenso mit Ravenna und Athen, Konstantinopel und Kairo verbindet.

3. Ein Gemeinschaftsgarten mit Streuobstwiesen, Kräuter- und Staudenbeeten, aber auch Pflanzen aus den Gärten der Dorfbewohner*innen, der lokales Wissen und Erfahrungen bewahrt und weitergibt.

Der Garten lädt zum Ernten ein und zum Feiern – braucht aber auch Pflege. Die Solarpaneele liefern dem Dorfhaus Strom – doch müssen gewartet werden. Und so wird Majewskis Projekt zu einem langfristigen Portrait von Wietstock und seinen Bürger*innen, das sie selbst beauftragt haben und weitergestalten werden, das sich mit dem Engagement der Anwohner*innen wandelt und dabei vielleicht, wenn alles gut geht, immer schöner werden wird.

So die Idee. Zur Einweihung des Mosaiks im Herbst 2023 sind noch alle vereint. Doch alte Konfliktlinien im Dorf werden mit der Zeit deutlich sichtbar. Wer hat um das Areal am Dorfhaus eigentlich das Sagen? Wer kommt nicht zum Zug? Wer macht die Arbeit und wer redet nur viel? Der gemeinsame Prozess kommt zum Stillstand. Seitdem steht das Mosaik als unfertiges Bauteil des geplanten Pavillons mit Solaranlage hinter dem Dorfhaus.

Eine Gruppe von Dorfbewohner*innen will den Konflikt überwinden, indem sie die Idee des Gemeinschaftsgartens weiterdenkt. Wie kann ein Garten dazu beitragen, das Gespräch wieder zu eröffnen? Wie muss ein Gemeinschaftsgarten aussehen, der vor allem dem Austausch und weniger der Repräsentation dient? Wie kann er zugleich das lokale Wissen nutzen, die neu entdeckte Liebe zu Beikräutern und eingewanderten Pflanzen abbilden und mit dem Mangel an der natürlichen Ressource Wasser umgehen? 

Eine Person steht vor einem Tisch im Garten und zeigt ein Bild

Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Workshop Mit Pflanzen leben mit Lisa Marie Steude, 26.7.2025, Garten Prasdorf, Wietstock Foto: Viktoria Tomaschko
Pflanzen liegen auf Papieren

Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Workshop Mit Pflanzen leben mit Lisa Marie Steude, 26.7.2025, Garten Prasdorf, Wietstock Foto: Victoria Tomaschko
Eine Person hockt auf einer Kiste im Garten und lacht

Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Workshop Mit Pflanzen leben mit Lisa Marie Steude, 26.7.2025, Garten Prasdorf, Wietstock Foto: Victoria Tomaschko
Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Die Neuen Auftraggeber von Wietstock

Workshop Mit Pflanzen leben mit Lisa Marie Steude, 26.7.2025, Garten Prasdorf, Wietstock

Der Gemeinschaftsgarten war als Porträt der Dorfbewohner*innen konzipiert. Nun sollen außerdem die Erfahrungen mit dem Klimawandel und das lokale Wissen über den Umgang damit einbezogen werden. Dorfgärten als Orte der Wissensproduktion und des Widerstands gegenüber den Folgen industrieller Landwirtschaft und des Klimawandels sind der Ausgangspunkt dafür. Das gemeinsame Projekt Art Living lab to Repair the Land von Neue-Auftraggeber-Initiativen in Deutschland, Spanien und Kroatien gibt seit Anfang 2025 den passenden Rahmen für diese zweite Auftragsphase in Wietstock.